Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Lassen Sie mich über den Vater zu Ende erzählen. Meine Mutter schrieb das Ministerium für Verteidigung an, während des Krieges und danach, um sein Schicksal zu klären: Punskiy, Division soundso, Regiment soundso. Die Antwort war immer: „Vermisst“.
  2. Danach passierte Folgendes: Ich absolvierte das 1. medizinische Institut, heute die medizinische Akademie. Ich arbeitete (dann) in Aschchabad bei der Pestbekämpfung. Ich konnte wissenschaftlich arbeiten, mich mit besonders gefährlichen Infektionen beschäftigen. Einmal hielt ich dort einen Vortrag über Pest oder Cholera für die Chefärzte aus der ganzen Republik. Nach dem Vortrag fragte ich, ob es Fragen gibt. Es hieß: „Danke, alles klar.“
  3. Zu mir kam eine Frau, etwas jünger als ich, blond und hübsch. Vor dem Vortrag war ich als Yevgeniy Owssejewitsch Punskiy vorgestellt worden. Sie sagte: „Wer ist für Sie Owssej Punskiy?“ Ich sagte: „Er ist mein Vater.“ Und sie: „Ich habe ihn monatelang in Welikije Luki gesehen. Kommen Sie zu mir, ich erzähle Ihnen alles.“ Zunächst waren sie im Kriegsgefangenenlager.
  4. Später wurde ein Soldatenhospital in Welikije Luki, im Gebiet Pskow, eingerichtet. Es war hinter Stacheldraht, es gab keinen Ausgang. Die gefangengenommenen Ärzte arbeiteten in dem Hospital. Sie selbst war mit ihrer Mutter aus der Westukraine geflüchtet, hungrig, ohne Geld. Sie gingen in den Osten. (Die Frau) erzählte, dass sie durch die Dörfer sind und etwas Brot bekamen…
  5. Sie kamen bis Welikije Luki. Sie war damals 16/17 und wurde als Pflegerin eingestellt: die Böden putzen, in der Apotheke aushelfen. Und sie sah alle Ärzte, die da waren, auch meinen Vater. Das Interessanteste war, dass sie mir darüber erzählte… Ja, während des Krieges lernte sie den turkmenischen Militärarzt Anamuradow kennen, er nahm sie nach Aschchabad mit und heiratete sie. Sie wurde Ärztin, Endokrinologin in der 4. Abteilung.
  6. Sie (die Frau) sagte, das (Zusammentreffen mit dem Vater) sei im Frühjahr gewesen. Nach dem 30. August… 1942 begann (dann) eine Offensive und sie vernichteten (das Hospital). Sie wusste nicht wie, sie hatte (meinen Vater) davor gesehen.
  7. Danach erfuhr sie, dass Lkws vorgefahren waren, um Verwundete und das Personal zu verladen und fortzubringen. Ich weiß nicht, wo sie erschossen und begraben wurden. Wir fuhren mal hin, konnten aber nichts klären. Niemand weiß es, man sah nur, wie sie abtransportiert wurden.