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1955 erhielt ich plötzlich ein kleines Schreiben vom Standesamt: „Erscheinen Sie beim Standesamt, Sie müssen sich wegen einer Sache registrieren lassen.“ Das war zu der Zeit, als ich vorhatte zu heiraten. Und ich dachte, jemand verulkt mich.
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Meine Braut und ich gingen dann zum Standesamt, um die Eheschließung zu beantragen. Eine da sagte: „Nagy, der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.“ Ich weiß nicht warum, ich fragte aber: „Vielleicht wollen Sie einen Totenschein ausstellen?“ Sie sagte ja und stellte einen Totenschein für meinen Vater aus: gestorben 1939 in Babuschkin – das ist Losinka – an Leberkrebs.
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Danach spürte ich eigentlich: Im Verhältnis zu solchen Leuten (den Verfolgten) ändert sich etwas. Ich arbeitete damals nach dem Studienabschluss im Werk „Elektrokabel“ und ein Kollege sagte mir: „Die Akten werden neu bewertet. Man kann sich in der Staatsanwaltschaft melden, und da wird gesagt, was zu tun ist.“
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Das war in der Puschkinskaja-Straße, heute Bolschaja Dmitrowka. Ich ging hin und bekam erklärt, wie ich den Antrag stellen soll. Ich stellte einen Antrag im Militärkollegium des Obersten Gerichts. Am 25.7.1956 erhielt ich die Bescheinigung über die Rehabilitierung meines Vaters.
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Und am 1.8.1956 (ging ich) zum Militärkollegium des Obersten Gerichts… Da waren ziemlich viele Leute, die mit Schreiben kamen, um Bescheinigungen abzuholen. Ich wurde in einen Raum geladen, wo ein Oberst mit dem Rücken zum Fenster saß.
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So konnte ich sein Gesicht nur schlecht sehen. Er sagte: „Ihr Vater starb am 9.10.1939.“ Ich fragte: „Wo?“ – „An seinem Haftort.“ – „Wo?“ – „An seinem Haftort.“ Er sagte es zum dritten Mal und ich verstand, dass es nichts bringt.
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Ich bekam die Bescheinigung: „Kein Tatbestand vorhanden, gänzlich rehabilitiert.“ Danach änderte sich bis 1988 praktisch nichts.