Ein Projekt der Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverbände
der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe
durchgeführt vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Lebensgeschichten jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
in Nordrhein-Westfalen

Истории жизни еврейских иммигрантов, приехавших из бывшего Советского Союза и поселившихся
в федеральной земле Северный Рейн-Вестфалия
  1. Danach begann mein Weg in der Soziologie. Im Polytechnischen Institut für Fernstudien arbeitete ich mich zum Laborleiter hoch. Gleichzeitig unterrichtete ich am Lehrstuhl für Philosophie und hielt Vorträge und Seminare. So begann meine Arbeit an der Hochschule.
  2. Von Zeit zu Zeit war es so: Zuerst war die Forschung wichtiger als der Unterricht, dann eine Zeitlang umgekehrt. Und die ganze Zeit lief beides parallel. Das ist wohl gut so, Sie und Ihre Kollegin wissen, was das bedeutet. Die letzten Jahre arbeitete ich am Charkower Polytechnischen Lenin-Institut. Das Institut wurde aber bereits in der Zarenzeit gegründet, wohl um 1905.
  3. Heute ist es die Nationale Universität soundso. Auf all die Neuerungen kann man meiner Meinung nach verzichten. Schon im Polytechnischen Institut wurde ich zum Dozenten gewählt. Damit ist das Thema abgeschlossen.
  4. All diese Jahre arbeitete ich als Hochschullehrer. Ich möchte dazu bemerken: Soziologie erweiterte natürlich meinen Horizont und meine Interessen. Dazu kam noch Sozialpsychologie. Vielleicht werden Sie das später streichen oder auch so lassen. Es schickt sich nicht so, von sich zu erzählen, die Leute könnten das negativ aufnehmen.
  5. Ich wurde als Hochschullehrer Multispezialist und gab sehr viele Kurse – nicht nur allgemeine, sondern auch Spezialkurse. Klar, Geschichte der Philosophie und Philosophie gehörten auch dazu. Ich hielt Vorträge über Berufsethik und Kultur… Dabei gab es schreckliche Metamorphosen. Ich scheue mich nicht davon zu sprechen, weil ich der Meinung bin: Ohne Atheismus gäbe es keinen Antiatheismus und umgekehrt.
  6. So hielt ich Vorträge über den bei uns etablierten wissenschaftlichen Atheismus. Später wurde in der Ukraine eine für mich unerklärliche Richtung eingeschlagen und wir erhielten ein Rundschreiben mit neuem Lehrinhalt: Das Fach heißt nicht mehr wissenschaftlicher Atheismus, sondern Geschichte der Religion und des Atheismus.
  7. Danach wurde das Fach Geschichte der Religion und des Atheismus in Religionskunde umgeändert. Also solche Dinge. Worauf will ich hinaus? Die Soziologie brachte mir wirklich viel, sie erweiterte meinen Horizont. Es war wirklich gut, dass diese Wissenschaft neu etabliert wurde.