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In der Schule bekam man auch etwas zu essen. Bekam ich etwas Leckeres, wollte ich es meinem Bruder geben. Der Arme begann so früh zu arbeiten, ich hatte großes Mitleid mit ihm. Ich erinnere mich an eines: Ich brachte ihm (einmal) eine große dreieckige Waffel. Ich klopfte und klopfte an die Tür, doch er öffnete nicht. Schließlich sprang der riesige Haken aus der Tür heraus, und ich sah ihn auf dem Klappbett schlafen, ganz zugedeckt. Denn er war sehr müde, ein magerer und kleiner Junge.
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Meine Mutter erinnerte sich später: Brot und alles war so knapp, und wenn mein Bruder zur Nachtschicht ging – er musste um 23 oder 24 Uhr da sein –sagte sie ihm, „Söhnchen, bist du noch (hier)? Geh, du kommst zu spät zur Arbeit.“ Und er sagte: „Mutter, du hast (doch) etwas Brot für mich für nach der Arbeit aufgehoben. Ich werde dann gleich schlafen gehen, gib es mir jetzt.“ So hungrig war er.
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Später hatten wir es aber leichter. Mein Bruder hatte dann einen guten Beruf und arbeitete nicht nur in der Fabrik. In der Freizeit reparierte er die Nähmaschinen der Heimarbeiter. Er war ein guter Meister und verlangte nicht sehr viel. In unserer Familie gab es überhaupt keinen Kult ums Geld, meine Mutter sah Geld nie als Hauptsache an. Ich wuchs mit dieser Einstellung auf und verstehe daher die heutige Zeit nicht.
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Jedoch verdiente er (mein Bruder) gut und wir hatten es schon leichter, da wir einiges ohne Karten kaufen konnten. Es sammelte sich etwas Geld an, das wir später für die Rückfahrt ausgaben. 1944 wurde der Bruder eingezogen. Er war erst 17, wurde aber auf eine Militärschule geschickt. Seine Papiere waren jedoch verloren gegangen, so kam er zurück nach Krementschug und arbeitete dort eine Weile. In dieser Zeit machte er extern die Prüfungen für die 7. Klasse und bekam ein Zeugnis. Am 2. Februar 1945 ging er doch noch zur Armee. Und wir wohnten in Frunse bis Kriegsende.