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Es begann die Friedenszeit. Ich besuchte zuerst eine, dann eine andere Schule. Die erste Zeit arbeitete meine Mama nicht, uns fiel es schwer bei den Verwandten zu wohnen, es war unangenehm. Sie waren gute Leute, in einer Familie war aber die Tante sehr krank, in der anderen die Oma. Schließlich ging meine Mama in der Fabrik arbeiten, die aus Frunse zurückgekommen war.
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Sie war da bekannt, meine Mama und mein Bruder wurden geachtet. Sie wurde als Arbeiterin eingestellt, und wir kamen ins Frauenwohnheim der Textilfabrik. Wir wohnten auf dem Fabrikgelände, zunächst in einem Raum, wo acht junge Frauen waren. Mama war da die älteste, wir schliefen in einem Bett. Ich weiß nicht, ob es einen Tisch da gab. Die Hausaufgaben machte ich auf einer kleinen Truhe. Ich lernte in der zweiten Schulschicht.
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1947 erlebten wir eine schreckliche Hungersnot. Übrigens, als ich eingeschult wurde, teilte man meiner Mama mit: „Wir nehmen sie auf, wenn sie einen Stuhl mitbringt, wir haben keinen.“ Und in Mamas Fabrik wurde ein Hocker gemacht. Ich hatte auch nichts zum Anziehen, und in der Fabrik wurde ein wattiertes Jäckchen für mich genäht. Und ich war glücklich – so eine schöne Jacke! Sie wurde mir aber gleich geklaut.
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Dann gab mir die Nachbarin einen Mantel, er war mir zu groß und man lachte mich in der Schule aus. Aber es machte nichts, wir nahmen das so hin… Nach dem Krieg waren alle voller Leid, nur wenige Väter waren von der Front zurückgekehrt. Und es gab irgendwie keinen Neid. Die Hungersnot war aber schrecklich. Wir hungerten, auch die Lehrer.
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Die Kinder teilten ihr Essen mit den Lehrern. Wir hatten eine Ukrainischlehrerin, die offensichtlich hungerte. Was mir noch stärker in Erinnerung ist, ist das Mädchen Meljuschkina bei uns in der Klasse… Ihre Familie hatte wohl viele Kinder. Sie nahm eines Tages zu, sie schwoll vom Hunger an. 1947 mussten wir mehr hungern als in der Kriegszeit. Meine Mama versuchte wohl alles, damit ich keinen Hunger litt.
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Sie erzählte mir aber, dass ich sie stets gefragt habe, ob reichlich Brot da ist. Das leckerste Essen war: Zwiebel schneiden, mit Pflanzenöl begießen und da das Brot eintunken. Das war einfach super. 1947 wurde meine Mama schwer krank und kam ins Krankenhaus... Die Sache war die: Die jungen Frauen, die in unserem Zimmer wohnten, stahlen in der Fabrik. Mama war der Meinung, das ist kein Platz für ein Kind.
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Sie benutzten Schimpfwörter... Und ich hörte das alles. Wenn Mama Spätschicht hatte, schalteten sie gleich das Licht aus. Ich wollte noch lernen, aber (es hieß): „Nein, du lernst nicht!“ Und sie erzählten all die Geschichten. Wenn Mama da war, schämten sie sich dies zu tun. Ich sah, wie sie das geklaute Garn ins Haus brachten. Und sie wunderten sich, dass weder ich noch Mama sie verrieten. Sie stopften sich das Garn hier rein und hatten spezielle Gürtel dazu. Einige Mädchen wurden aber erwischt und verurteilt. In unserem Wohnheim gab es regelmäßige Razzien.
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Etwa anderthalb Jahre später bekamen wir ein Zimmer im Wohnheim gegenüber, nicht mehr auf dem Fabrikgelände, sondern auf der anderen Straßenseite. Wir wohnten zusammen mit einer Frau, die während des Krieges ihren Sohn geboren hatte. Einen Mann hatte sie nicht. Sie war mit jemandem zusammen gewesen, der dann nach dem Krieg seine Familie wiederfand und sie alleine ließ. Das Zimmer war groß, eine Wand war aber völlig nass, da floss Wasser herunter. Wir kamen dort unter, meine Mutter, ich und sie mit ihrem Sohn. Da war ein Heizofen, Toilette und Wasser waren draußen. So lebten wir die ganze Zeit.
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Ich wartete diese ganzen Jahre auf die Ankunft von meinem Papa. Eines Tages klopfte jemand an die Tür, ein junger Mann in Militäruniform. Es stellte sich heraus, dass er der Bruder der Frau war, die mit uns zusammenwohnte. Sie waren drei Geschwister und hatten aus Kertsch fliehen müssen. Die Kinder überlebten und ihre Eltern kamen im Ghetto in Kertsch um. Nach dem Krieg trafen sie sich wieder. Obwohl ich wusste, dass meine Mama über Papa Bescheid weiß, wartete ich trotzdem kindisch auf ihn.